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Die Musik der Engel

„WANDELT WIE KINDER DES LICHTES“
(Epheser V, 8)

Wir Eltern, Lehrer und Erzieher haben den Auftrag, die uns anvertrauten Kinderseelen zu jenem Licht zu führen, das ihr Leben und ihr Glück ausmachen wird. Jede Woche möchten wir Sie mit Zitaten von klugen Menschen und Zeitzeugen bekanntmachen, die unseren eigenen Weg erleuchten können. Sagte nicht der heilige Thomas von Aquin: „Schau nicht auf die Person, die redet, doch vertraue alles Gute, das Du hörst, Deinem Gedächtnis an.“ (aus den 16 Ratschlägen des heiligen Thomas von Aquin, „um den Schatz der Wissenschaft zu erlernen“). Viel Freude beim Lesen!

– Herumtollen, das schöne Wort! Was bedeutet das, Mama? – Spielen, ohne außer Atem zu kommen… zum Spaß, so wie du vorhin mit der Schwertlilie und dem Immergrün gespielt hast. Herumtollen, ich bin herumgetollt, ich tolle herum, das Wasser tollt herum, die Luft tollt über die Zypresse herum und auch der Seifenschaum, der vom Brett tropft und mitten im Bach eine bezaubernde Milchstraße zeichnet. Ich stecke meine Hand hinein, ich tolle mit den Blasen herum, der Bach ist ein Regenbogen aus Moiré, er tollt mit den Binsen herum…

Marie Gasquet (1872-1960)
Schriftsellerin, Königin des Félibrige

„Hier waren wir am Rand eines Hyazinthenfeldes, das gerade zu blühen begann. – Geh hin und bitte darum, dass man dir ein paar pflückt. Sag, dass du sie Madame Mistral schenken willst. Ich stelle mich taub. – Warum gehst du nicht? – Warum? Warum?, sagte ich verträumt. Na ja, weil… Und ich raste los. Meine Eltern waren so vernünftig, nicht darauf zu bestehen, und ich trottete ziemlich weit weg von ihnen weiter, wobei ich mich einem der zartesten Eindrücke meiner Kinderseele hingab. Ich habe es noch nie jemandem anvertraut, es war mein Geheimnis. Und zwar gab mir die Stimme von Frau Mistral, die die r aussprach, als hätte sie eine Taube in der Kehle, einen Vorgeschmack darauf, wie die Musik der Engel klingen könnte. Sie grrrosse Marrrgeriten aussprechen zu hören, war wie eine Art Zauberspruch, und mir war plötzlich eingefallen, dass ich, wenn ich Frau Mistral gebetet hätte, mir die Blumen zu nennen, die ich ihr schenken würde: Iris, Narzissen, Vergissmeinnicht eine ganze Melodie für mich allein haben werde. Sie denken wohl, dass ich ein so seltenes Vergnügen nicht opfern werde, um Gänseblümchen, Veilchen und Hyazinthen zu verschenken, Blumen ohne r, deren Namen Frau Mistral mit Sicherheit wie alle anderen ausgesprochen hätte. Bei seiner Hochzeit, als der Dichter, der bereits in vollem Ruhm stand, seine sehr junge Frau triumphierend in die Provence brachte, war sie neunzehn Jahre alt, ich war vier. – Sie haben eine Solostimme, sagte ich zu ihr, voller Verwunderung über diese musikalische Offenbarung. Diese feine, bernsteinfarbene Burgunderin war ein Genuss für die Augen, aber noch viel mehr für die Ohren. Durch ihre Anmut lernte ich, was aus den gewöhnlichsten Geranien oder den nicht weniger gewöhnlichen Rosmarinen werden kann, wenn sie das Glück haben, von ihr genannt zu werden.“

Marie Gasquet (1872-1960)
Schriftsellerin, Königin des Félibrige


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